KKH: Zahlreiche Kliniken in Sachsen und in der Bundesrepublik klagen über finanzielle Probleme.
Wie charakterisieren Sie die wirtschaftliche Lage des Torgauer Kreiskrankenhauses?
J. Laser: Die wirtschaftliche Lage aller Krankenhäuser in Deutschland ist sehr angespannt.
Die zweistelligen Inflationsraten der zurückliegenden Jahre im wirtschaftlichen und privaten Bereich zusammen mit dem Nachwuchskräftemangel haben zu Personalkostensteigerungen geführt, die in meiner langjährigen beruflichen Zeit nur einmal, Anfang der 1990er Jahre, dagewesen sind.
Damals ging es um die stufenweise Angleichung der Vergütungen an den bundesdeutschen Tarifstandard und dies mit voller Refinanzierung durch die Krankenkassen. Beim Einkauf, an der Tankstelle oder den Energiekosten spürt jeder den Anstieg. Dies braucht Ausgleich und der kann nur durch höhere Vergütung erreicht werden. Die Mitarbeiter des Krankenhauses machen da keine Ausnahme. Leider hat aber die Politik bisher nur Ankündigungen gemacht und diesen keine Taten folgen lassen. Es gab bis 2023, zumindest für die seit dem Ukraine- Krieg verdreifachten Energiekosten, Unterstützung. Leider wurde diese in 2024 nur drei Monate fortgeführt. In 2025 ist keine Förderung mehr vorgesehen.
Da sind aber noch mehr Problembereiche.
Ja, auch Medikamente haben sich, wenn sie denn überhaupt noch lieferbar sind, deutlich verteuert.
Vielfach wurden preiswerte Medikamente von den Herstellern vom Markt genommen und durch teurere ersetzt. Die Vergütungen
der Krankenhäuser sind jedoch nicht extra gestiegen. Diese sind geknüpft an den Zuwachs der Beitragseinnahmen der gesetzlichen Krankenkassen, der
leider seit Jahren, nicht erst seit der Corona-Pandemie, keinen vollständigen Ausgleich der Personal- und Sachkostensteigerungen gewährleistet. Das heißt,
Krankenhäuser müssen immer effektiver werden, wollen sie wirtschaftlich sein, was schwerfällt, da es sich um personalintensive Dienstleistungen handelt.
Egal, ob stationär oder ambulant behandelt, eine geplante Operation ansteht, Unfallverletzte versorgt werden oder Pflege am Bett erfolgt, ob Röntgen-, Labor oder Funktionsdiagnostik zur Klärung der Diagnose nötig sind oder Daten erhoben werden, die Reinigung und Entsorgung erfolgt, um nur einige Beispiele zu nennen. Immer sind Menschen gefordert, dies zu leisten. 24 Stunden am Tag und 365 Tage im Jahr. Das Krankenhaus und seine Mitarbeiter gewährleisten jederzeit medizinische Behandlung, wann immer diese benötigt wird. Das allein braucht volle Konzentration und Aufmerksamkeit.
Höre ich da einen Unterton?
Da aber die Bundespolitik neben der eigentlichen Krankenhaus-Arbeit uns immer neue, personalintensive, statistische Verpflichtungen auferlegt, die
für die Behandlung des Patienten ohne Bedeutung sind und bei Nichterfüllung Budgetabzug droht, haben wir keine Wahl und müssen Zeit und Personal, das eigentlich für die medizinische Versorgung des Patienten benötigt wird, für immer neue bürokratische Verpflichtungen einplanen.
Die nahezu täglich von Politik und Medien verbreitete These der Entbürokratisierung trifft auf Krankenhäuser leider nicht zu. Das Gegenteil ist der Fall.
Auch die viel gepriesene Krankenhaus- Reform löst keine Probleme. Sie schafft neue. Zumindest im ländlichen Raum.
Wie steht es da um notwendige Investitionen?
Ein Beispiel ist der Bau einer erweiterten Notfallambulanz im Innenhof des Krankenhauses.
Im Moment gibt es in der Rettungsstelle Raum- und Funktionsdefizite. Eine Trennung von medizinischen Notfällen und anderen ambulanten Patienten ist schwer möglich. Zudem sind bundespolitische Vorgaben der integrierten Notfallversorgung zu erfüllen, um weiterhin medizinische Erstversorgung leisten zu können.
Auch ist es wichtig, sich räumlich für Patienten mit ansteckenden Krankheiten zu wappnen, wie es zum Beispiel in der Corona-Zeit der Fall war. Schließlich gilt es, auch für die Mitarbeiter bessere und zweckdienlichere Arbeits- und Aufenthaltsbedingungen zu schaffen. Nach Fertigstellung verfügt das Krankenhaus über eine moderne, ablaufoptimierte und funktionale Rettungsstelle, die alle gesetzlichen Vorschriften und Strukturvoraussetzungen erfüllt. Motivierte und
hoch qualifizierte Mitarbeiter sind bereits jetzt hier tätig.
Unabhängig davon bauen wir gerade das Gebäude und die Räume der ehemaligen Medizinischen Berufsschule, in der Dommitzscher Straße 19, um.
Die Schule war bekanntlich am 01. November 2023 in ihr neues modernes Gebäude, gegenüber der Hauptzufahrt des Krankenhauses, umgezogen.
In der „alten Berufsfachschule“ haben Praxisanleiter für die Pflegeausbildung ihren Arbeitsplatz. Außerdem ist ein praktischer Demonstrationsraum für die Übungen des klinischen Alltags zunächst an Phantomen eingerichtet.
In dem Geschoss werden fehlende Mitarbeiterbüros gebaut, um dort räumliche Defizite zu beseitigen.
Im 1. Geschoss bekommt die Psycho-Onkologische Praxis neue Räume, die schnell und fast ebenengleich zum Außenbereich, auch ohne das Krankenhaus zu betreten, diskret erreicht werden können. Hier werden ambulant Sprechstunden angeboten, die den steigenden Patientenzahlen und speziellen Bedürfnissen, vorrangig krebskranker Patienten, gerecht werden.
Was ist noch geplant?
In den anderen Räumen dieser Etage entstehen Ein-Raum-Appartements für die vorübergehende, krankenhausnahe Unterbringung vorrangig von Ärzten oder
medizinischem Personal. Häufig besteht bei neuen Krankenhaus-Mitarbeitern der Wunsch, für eine kurze Übergangszeit und bis eine eigene Wohnung gefunden ist, zunächst nach Dienstschluss Wohnräume des Krankenhauses zu nutzen. Dem können wir jetzt nur mit großem Aufwand, manchmal zeitlich verspätet, und der Unterstützung umliegender Vermieter, Rechnung tragen. Das Angebot hierzu muss sich verbessern, da sich bereits zurückliegend betrachtet, gut qualifizierte Berufseinsteiger allein aus diesem Grund, fehlender schneller Unterbringung in der Nähe des Krankenhauses, für einen anderen Arbeitgeber, der ein entsprechendes Angebot verfügbar hatte, entschieden haben.
Die Arbeiten sollen im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden.
Noch im Jahr 2024 begannen die Arbeiten des Umbaus des ehemaligen Großraum- Büros des zentralen Schreibdienstes, der Anfang 2024 in renovierten Räumen, einen neuen Arbeitsbereich gefunden hat. Es entstehen mindestens drei Arztzimmer neu, die gegebenenfalls auch als Übernachtungsmöglichkeit für den Bereitschaftsdienst genutzt werden können. Dafür ist die Fläche neu zu strukturieren, Wände einzubauen, die gesamte Elektrik zu erneuern, Wasserund Abwasserleitungen zu verlegen und anzuschließen sowie nicht zuletzt zu klimatisieren, da es sich um Südseitenlage der Räume handelt. Außerdem ist
der Brandschutz zu gewährleisten. Viel Arbeit und entsprechende Kosten für einen, im Verhältnis zur Gesamtfläche des Krankenhauses, kleinen Bereich.
Die neue Nutzung soll, wenn möglich, auch im ersten Quartal 2025 erfolgen.
Ebenfalls 2025 planen wir den Bau einer großflächigen Wetterschutzüberdachung der Rettungswagenanfahrt in der Notfallambulanz. Hier ist eine Stahl-/Glaskonstruktion vorgesehen, die den Wetterschutz für die Patienten, Notärzte und Mitarbeiter gewährleistet, aber auch so viel Tageslicht hindurch lässt, um tagsüber ohne zusätzliche Beleuchtung auszukommen. Auch im Winter, falls hier in der Region doch Schnee fällt, muss die Konstruktion statisch sicher und für
Wartungsarbeiten begehbar sein. Viele Anforderungen, die auf kleiner Fläche, bei voller Funktionsfähigkeit der Rettungsstelle, auch während der Bauzeit zu gewährleisten sind.
Unabhängig davon, werden wir 2025 zumindest planerisch die funktionalere Gestaltung des Foyers, mit der 24 Stunden besetzten Information und Telefonzentrale des Krankenhauses, in Prüfung nehmen. Die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter dort müssen sich verbessern. Auch die Ansprechbarkeit, räumliche Orientierung und Übersichtlichkeit für Patienten und Angehörige sowie die Beleuchtung muss verbessert werden. Die Sitzmöbel sind ebenfalls zu
erneuern.
Die Suche nach ärztlichem und pflegerischem Personal wird aktuell von vielen Faktoren beeinflusst. Was bietet bzw. unternimmt die Klinikleitung, um entsprechendes Fachpersonal zu gewinnen?
Hier möchte ich beispielhaft folgende Aktivitäten nennen:
Die Präsenz im Internet wurde überarbeitet und gestärkt, um ein leichteres Auffinden entsprechender Stellenangebote zu ermöglichen.
Es gibt Verträge mit modernen Medienanbietern zur gezielten Verbreitung durch verschiedene Stellenplattformen und Bewerberportale im Web.
Auch auf Makler, die Ärzte vermitteln, wird, insbesondere in Ferien- und Urlaubszeiten, zurückgegriffen.
Die Teilnahme an regionalen Bewerber-Messen ist zu nennen. Gezielte Ansprache, ausführliche Kennenlerngespräche, Informationen aus erster Hand, z. B. durch Chefärzte, werden angeboten.
Probearbeitstage oder Praktika erfolgen auf Wunsch des Interessierten.
Es gibt Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen für die Ärzte in der Region und eine enge Kooperation mit dem Ärztenetz Torgau.
Was sollte aus Ihrer Sicht in den Fokus der Gesundheitspolitik unseres Landes genommen werden, um die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu stabilisieren bzw. zu gewährleisten?
Wenn tatsächlich die Attraktivität des ländlichen Raumes politisch gestärkt werden soll, um Einwohner zum Verbleib bzw. sogar Zuzug zu bewegen, damit Arbeitskräfte interessiert bzw. gebunden werden, sind ein attraktives Arbeitsfeld (berufliche Spezialisierungen, regelmäßige Aus- und Fortbildungen, geringe Krankheitsquote), eine angemessene Vergütung, geringe Zahl von Dienstbereitschaften und vor allem, die auskömmliche Finanzierung aller anfallenden Krankenhaus-Kosten für alle Mitarbeiter nötig.
Leider ist dies gegenwärtig absolut nicht in Sicht, auch mit der anstehenden Krankenhaus-Reform nicht. So wie die gesetzlichen Regelungen momentan im Entwurf ausgelegt sind, werden sie eher den Groß- und Schwerpunktkliniken der Ballungszentren dienen.
Für die private Zufriedenheit, die eng mit der beruflichen verbunden ist, spielen das Umfeld, wie Wohnung/ Haus im Grünen und die Natur, die trotzdem schnelle Erreichbarkeit von Kindergärten, qualifizierten Schulen, die medizinische Versorgung (ambulant und stationär), Einkaufsmöglichkeiten, Behörden, Freizeitangeboten (z.B. Frei-oder Schwimmbäder, Sportvereine), die Kultur und natürlich die Erreichbarkeit der Großstadt Leipzig (per Straße oder Schiene) eine wichtige Rolle. Auch hier gibt es Defizite, die verringert werden müssen, was wiederum Geld kostet.