In den letzten Monaten beherrscht das Thema „Portalpraxen“ und damit der von Kassenärztlichen Vereinigung (KV) aus Gründen der Sicherstellung vorzuhaltende Bereitschaftsdienst in Zeiten, in denen die ärztlichen Praxen üblicherweise nicht geöffnet sind, nicht nur die berufspolitische, sondern auch die allgemeine gesellschaftliche Diskussion. Der Gesetzgeber hat mit der Gesetzesänderung vom Sommer 2015 (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz) die KVen in die Pflicht genommen,
im Umfeld von Krankenhäusern oder auch auf dem Krankenhausgelände sogenannte Portalpraxen einzurichten, Begleitet wird dies von der Hoffnung, damit die Patientenströme in die Notaufnahmen der Krankenhäuser reduzieren zu können. Ob dies gelingen kann, muss die Praxis zeigen. Am Torgauer Kreiskrankenhaus „Johann Kentmann“ jedenfalls beabsichtigt die KV Sachsen die Einrichtung einer solchen Portalpraxis. Chefarzt und Geschäftsführer Dr. med. Joachim Müller erläutert Details dazu im Interview.
Was halten Sie persönlich von der Etablierung einer solchen Portalpraxis in Torgau?
Dr. Müller: Ich befürworte das Vorhaben ausdrücklich, sehe dies als eine positive Entwicklung. Schließlich kommt es den Wünschen breiter Bevölkerungsteile und damit vieler Patienten entgegen. Für unsere Notfallambulanz erwarte ich eine spürbare Entlastung, sehe in einer solchen Praxis viele Vorteile.
Gibt es denn schon Erfahrungen zu dieser neuen Form der medizinischen Versorgung?
Ja, zu Zeit läuft an den Kliniken in Delitzsch und Eilenburg bereits eine Testphase. Diese ist gut gestartet, wird sowohl von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung als auch von den involvierten Medizinern als positiv bewertet.
Wann soll in Torgau die Portalpraxis kommen?
In den gegenwärtig mit der KV Sachen geführten Verhandlungen ist der Zeitraum viertes Quartal 2019 anvisiert.
Wie funktioniert die Praxis dann in der Realität?
Die Anmeldung für die Notfallambulanz und die der Portalpraxis werden am bisher bestehenden Tresen der ambulanten Anmeldung erfolgen. Hier wird dann eine versierte Schwester tätig sein, die von der KV eingesetzt ist. Sie entscheidet, ob der jeweilige Patient ein Fall für die Portalpraxis oder für das Team der Notfallambulanz ist. Kurze Wege garantieren, dass keine Diagnostiklücke entsteht.
Bedeutet dies auch, dass der Arzt in der Portalpraxis einen Patienten weiter direkt in die Notfallambulanz schicken kann?
Ja natürlich, wenn er das für notwendig erachtet stehen die Möglichkeiten der klinischen Behandlung sofort zur Verfügung.
Welche Ärzte kommen in der Portalpraxis zum Einsatz?
Das werden alle Allgemeinmediziner und niedergelassenen Fachärzte sein, die in das Bereitschafts-Dienstsystem der KV integriert sind. Die Diensteinteilung nimmt die KV vor.
Wie steht es um die Öffnungszeiten der Praxis?
Die werden ebenfalls von der KV festgelegt. Schon jetzt ist klar: Es wird keinen 24-Stunden-Dienst an jedem Tag der Woche geben. Vielmehr sollen die aus den Erfahrungen gewonnenen Schwerpunktzeiten Berücksichtigung finden.
Für eine solche Portalpraxis bedarf es auch entsprechender Räumlichkeiten. Wie sieht es damit in Torgau aus?
Die können wir bieten.
Noch eine Frage: Wer finanziert das ganze Modell?
Die Finanzierung erfolgt über die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen.
Übrigens erfolgt die Einführung von Portalpraxen gegenwärtig bundesweit, um Versorgungslücken zu schließen.
Gespräch: Frank Lehmann